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Hartmut Soell

*11 March 1939 † 6 April 2023

Prof. Dr. Hartmut Soell has passed away on 6 April 2023 at the age of 84.

 

 


 

Nachrufe

Rhein-Neckar-Zeitung, Samstag, dem 22. April 2023

Hartmut Soell starb im Alter von 84 Jahren

Nicht nur die Sozialdemokraten haben dem langjährigen
Bundestagsabgeordneten und Vordenker viel zu verdanken.

Hartmut Soell: „Mein Arbeitsplatz war die Welt.“ Foto: vaf

 

Heidelberg. (os) Wenn es um wichtige Veranstaltungen seiner Partei oder mit ihr verbundener Institutionen wie der Ebert-Gedenkstätte ging, gehörte er bis vor einigen Monaten noch immer zu den gern gesehenen Ehrengästen. Sein Wort zählte und sein Rat hatte Gewicht. Jetzt ist der ehemalige Heidelberger Bundestagsabgeordnete der SPD, Prof. Dr. Hartmut Soell, im Alter von 84 Jahren gestorben.

Mit ihm verliert die Partei einen verdienten Vordenker, der schon in jungen Jahren aus tiefer Überzeugung enge Kontakte zu ihren führenden Köpfen pflegte, und die Ruperto Carola einen weithin hochanerkannten Historiker, der seit seiner Studienzeit mit ihr verbunden war.

Der am 11. März 1939 in Kehl geborene Lehrersohn wuchs im Ortenaukreis, im Elsass und in Konstanz auf, wo er 1958 das Abitur machte. In Heidelberg und Göttingen studierte er anschließend Geschichte, Politische Wissenschaften und Völkerrecht. Schon die Promotion 1963 mit dem Titel "Die sozialdemokratische Arbeiterbewegung im Reichsland Elsaß-Lothringen 1871-1918" beim berühmten Historiker Werner Conze signalisierte das Interesse des jungen Sozialdemokraten für die Politik.

Nach dem Wehrdienst schrieb er in Bonn von 1965 bis 1968 Geschichte mit – als Assistent der SPD-Bundestagsfraktion und wissenschaftlicher Mitarbeiter ihres Fraktionsvorsitzenden Helmut Schmidt. Ihm, den er sehr schätzte, widmete Soell später zwei umfangreiche Biografien.

Wieder an die Ruperto Carola zurückgekehrt, habilitierte sich Soell 1974 bei Conze mit einer Biografie des SPD-Politikers Fritz Erler, der später die Biografie "Der junge Wehner. Zwischen revolutionärem Mythos und praktischer Vernunft" folgen sollte. Nun stieg Soell verstärkt in die Parteiarbeit ein.

1977 wurde er stellvertretender Vorsitzender des SPD-Kreisverbandes und sicherte sich bald eine breite Gefolgschaft für seine Kandidatur zum Bundestag. Noch 1979 als ordentlicher Professor für Neuere Geschichte an der Universität eingeführt, gelang ihm 1980 der Sprung nach Bonn – als Nachfolger des legendären Alex Möller ("Genosse Generaldirektor"). Zunächst direkt gewählt, zog Soell ab 1984 über die Landesliste ins Parlament ein und vertrat dort den Wahlkreis Heidelberg bis 1994.

In Bonn gehörte Soell in bewegter Zeit etwa dem wichtigen Haushaltsausschuss an und machte sich, immer engagierter Europäer, einen besonderen Namen als Vizepräsident (1987-1991) und Präsident (1992-1993) der Versammlung der Westeuropäischen Union.

"Mein Arbeitsplatz war die Welt" beschrieb Soell seine Bonner Zeit einmal als Gast des Heidelberger Schriftstellers Michael Buselmeier in dessen Reihe "Erlebte Geschichte – erzählt". Darin stellte ihn Buselmeier als Vertreter einer aussterbenden Gattung des "gelehrten Politikers" vor.

In der Tat: Der nach vierjähriger Vakanz 1998 als SPD-Nachfolger in den Bundestag eingerückte Lothar Binding war als "Macher" von anderem Kaliber, doch er wusste es zu schätzen, den erfahrenen Parlamentarier Soell als Ratgeber zu hören. Dabei erlebte man Soell stets um Sachlichkeit und Ausgleich bemüht wie einst in den kritischen Phasen der Partei, als die "Nachrüstung" harte Fronten aufbaute. Auch nach seiner aktiven Zeit als Politiker und der Emeritierung 2004 blieb Soell ein gefragter Berater der SPD-Bundestagsfraktion und in seinem ehemaligen Wahlkreis ein geschätzter Redner. Noch im September 2022 war er mit dem langjährigen Vorsitzenden der SPD-Gemeinderatsfraktion, Prof. Wolfgang Huber, für 60-jährige Treue zur SPD ausgezeichnet worden.

Hartmut Soell, Träger des Bundesverdienstkreuzes, hinterlässt eine Familie, um die er sich zusammen mit seiner Frau Ursula aufopferungsvoll gekümmert hat. Mit ihr trauern viele Parteifreunde, engagierte Heidelberger, Kollegen und ehemalige Schüler.

 

Mannheimer Morgen, 24. April 2023

Trauer um Hartmut Soell

Heidelberg: Langjähriger SPD-Abgeordneter gestorben

Von Konstantin Groß

Vor einem Jahr: In der Heidelberger Ebert-Gedenkstätte wird eine Ausstellung über Helmut Schmidt eröffnet. Eine Vitrine ist dem Thema „Helmut Schmidt und Hartmut Soell“ gewidmet. Natürlich ist der langjährige Heidelberger SPD-Bundestagsabgeordnete bei der Eröffnung selbst dabei – als einer der letzten Weggefährten des großen Kanzlers. Künftig fehlt auch er: Prof. Hartmut Soell starb, wie am Samstag bekannt wurde, im Alter von 84 Jahren.

Soell hatte das Glück, sein Interesse für deutsche Geschichte mit aktivem Engagement in der deutschen Politik verbinden zu können. Der Promotion beim renommierten Historiker Conze über „Die sozialdemokratische Arbeiterbewegung in Elsaß-Lothringen 1871-1918“ folgt 1965 die Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter der SPD-Bundestagsfraktion und ihres damaligen Chefs: Helmut Schmidt – Beginn einer lebenslangen Verbindung.

Diese bleibt, als Soell an die Universität Heidelberg zurückkehrt, bei Conze 1974 habilitiert und 1979 Ordentlicher Professor für Neuere Geschichte wird. Seit Beginn der 1960er Jahre Mitglied der SPD, kandidiert er dann 1980 für den Bundestag und holt auf Anhieb das Direktmandat.

Innerparteilich ist es keine einfache Zeit. Die SPD, der Heidelberger Kreisverband nicht zuletzt, setzt sich in der Nachrüstungsdebatte ab von ihrem Kanzler, Soells Vorbild. Dank seines stets auf Ausgleich bedachten Wesens und seiner praktischen Hilfe bei vielen konkreten Anliegen der Menschen bleibt Soell unangefochten und bis 1994 im Parlament. Danach widmet er sich seiner zweibändigen Biografie über Schmidt, die längst als Standardwerk gilt.

Seine Ehefrau Ursula, Oberstudienrätin am Mannheimer Moll-Gymnasium, ist ihm bei all seinem Wirken stets der wichtigste Ratgeber, die Familie das Zentrum. Mit ihr betrauern Freunde, Weggefährten, aber auch politische Konkurrenten den Verlust einer großen Persönlichkeit.

Persönliche Erinnerung des Autors: Anfang der 1990er Jahre hat der Bundestag eine Wanderausstellung über Parlamentsarbeit. Soell holt sie in seinen Wahlkreis, ins Rathaus von Dossenheim, und eröffnet sie. Der Titel der Präsentation lautet: „Der Abgeordnete – ein starker Typ!“ In seinem Falle darf man getrost sagen: wie treffend!

 

Stiftung Reichspräsident Friedrich-Ebert-Gedenkstätte

Trauer um das langjährige Kuratoriumsmitglied Prof. Dr. Hartmut Soell

 
Die Stiftung trauert um das langjährige Kuratoriumsmitglied Prof. Dr. Hartmut Soell. Als SPD-Bundestagsabgeordneter war Hartmut Soell maßgeblich an der Gründung unserer Stiftung 1986 beteiligt. Als Mitglied des Kuratoriums bis 2008 hat er der Stiftung gedient und auch danach ihre Arbeit mit Sympathie begleitet. An unzähligen Veranstaltungen haben Hartmut Soell und seine Frau Ursula teilgenommen, zuletzt am Neujahrsempfang 2023. Er starb am 6. April im Alter von 84 Jahren. Wir werden unseren Freund Hartmut Soell in dankbarer Erinnerung behalten.
 
Nachruf Prof. Dr. Hartmut Soell von Prof. Dr. Eike Wolgast,
Universität Heidelberg, Historisches Seminar
 

Hartmut Soell (11. März 1939– 6. April 2023) war von 1976 bis zu seiner Pensionierung 2004 als Professor der Neueren Geschichte am Historischen Seminar Heidelberg tätig. Er hatte in Göttingen und Heidelberg Geschichte, Politische Wissenschaften und Völkerrecht studiert und wurde 1963 als Schüler von Werner Conze mit einer Arbeit über „Die sozialdemokra-tische Arbeiterbewegung im Reichsland Elsaß-Lothringen 1871-1918“ promoviert. Es folgten 1965-1968 eine Beschäftigung als Assistent der SPD-Bundestagsfraktion/wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fraktionsvorsitzenden H. Schmidt, danach die Tätigkeit als wissenschaft-licher Assistent am Lehrstuhl Conze. 1974 habilitierte er sich in Heidelberg mit der Arbeit „Fritz Erler. Eine politische Biographie“ (2 Bände, erschienen 1976). Nach zwei auswärtigen Listenplätzen erhielt Herr Soell 1976 vorzeitig den Professorentitel, Ende der siebziger Jahre vertrat er den Lehrstuhl von Arnulf Baring an der Freien Universität Berlin. Anfang 1979 wurde er in Heidelberg zum C3-Professor für Neuere Geschichte und Beamten auf Lebenszeit ernannt. Immer schon politisch engagiert, entschied sich Herr Soell für die vita activa – von 1980 bis 1994 hatte er für die SPD das Bundestagsmandat des Wahlkreises Heidelberg inne und war damit nach Karl Hagen in der Frankfurter Nationalversammlung und Heinrich von Treitschke im Reichstag der dritte Heidelberger Geschichtsprofessor in einem deutschen Zentralparlament. Während seiner Abgeordnetenzeit amtierte er 1987- 1991 als Vizepräsident und 1992/93 als Präsident der Versammlung der Westeuropäischen Union. Seine akademische Lehrtätigkeit übte er – in eingeschränktem Rahmen – auch während der Abgeordnetenzeit aus.

Den Schwerpunkt der Forschung und Lehre von Herrn Soell bildete das 20. Jahrhundert und in dieser Epoche insbesondere die deutsche Arbeiterbewegung sowie die Sozialdemokratie als deren politische Vertretung. Daneben wählte er in seinen Lehrveranstaltungen gern Themen aus der französischen Geschichte der Neuzeit.

Sein Oeuvre umfasst neben einer Fülle von Aufsätzen und Beiträgen vor allem die drei großen Biographien der führenden sozialdemokratischen Politiker Fritz Erler, Herbert Wehner („Der junge Wehner. Zwischen revolutionärem Mythos und praktischer Vernunft“, 1991 erschienen) und Helmut Schmidt (2 Bände, erschienen 2003 und 2008, 957 und 1082 Seiten). Alle drei Biographien haben umfassende Archivforschungen und Zeugenbefragungen zum Fundament . Es sind, wie bei Erler ausdrücklich vermerkt, „politische Biographien“; sie spiegeln auf vielfältige Weise die deutsche und, soweit mit ihr verwoben, die internationale Geschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wider. Stets konzentriert auf das Wesentliche, aber doch auch die erforderliche Kleinteiligkeit des Geschehens berücksich-tigend, verdeutlichen sie das Entstehen von Situationen und das Reagieren auf sie. Das Wagnis, mit Schmidt einen Lebenden historisch einzuordnen – der zweite, 2008 erschienene Band vermerkt im Untertitel: „1969 bis heute“ – ist überzeugend gelungen.

Die Gestalt Helmut Schmidts hat Herrn Soell auch später nicht losgelassen: 2014 gab er eine Sammlung englischsprachiger Reden von Schmidt zur Wirtschaftspolitik heraus. Mit den drei großen Werken hat sich Herr Soell in der Historiographie der Neuesten Geschichte einen Namen erworben, der bleiben wird. Das Historische Seminar verliert mit ihm einen verlässlichen und stets zur Kooperation bereiten Kollegen, seine Schülerinnen und Schüler, die ihm 2004 eine Festschrift widmeten, verlieren einen engagierten akademischen Lehrer.

 
Prof. Gert Weisskirchen, MdB, i.R., Wiesloch-Baiertal
 

„Stirbt ein Mensch, stirbt eine Welt“ lautet eine Zeile von Jewgeni Jewtuschenko.

Hartmut Soell erschrieb sich eine besondere Welt als „gelehrter Politiker“, wie Michael Buselmeier ihn ausgezeichnet hat. Hartmut Soell hat früh den Elfenbeinturm verlassen. Mit uns, mit seiner Sozialdemokratie, machte er sich daran, für Freiheit, für Gerechtigkeit, für Solidarität zu streiten.

Vernunft und Leidenschaft; Macht und Verantwortung – mit diesen Kategorien hat er das Politische aufgeschlossen und sie in seinem Opus Magnum Helmut Schmidt gewidmet.

Große biografische Autoren bringen die Gaben aus dem Innern der von ihnen zu literarischem Leben gestalteten Persönlichkeiten zum Leuchten und das aus eigener Kraft. Es ist die Kraft des Verstehens, des sich Einfindens in die Wege des Denkens, des Stroms der Ereignisse. Die Quellen aus denen sie diese Kraft schöpfen sind: die erlebte Nähe, die analytische Distanz, das historische Wissen, das Abschreiten der langen Linien und auch: Mut zur Zivilcourage, zur Freiheit, zur Gerechtigkeit, zur Demokratie.

Helmut Schmidt hielt sich stets und immerwährend daran: an Vernunft und Leidenschaft und Macht und Verantwortung, wie auch Fritz Erler und Herbert Wehner, die er glänzend porträtierte. Vernunft, Leidenschaft, Verantwortung, das sind die an die Person gebundenen Werte. Wer sich aus dieser Bindung löst, geht in die Irre und ins Verderben. Ein Voranschreiten in eine offene, humane Zukunft kann nur möglich werden, wer sich dessen bewusst bleibt. Macht darf nie Selbstzweck sein. Macht bedarf der Kontrolle, und sie braucht auch den Selbstzweifel. Sonst endet Macht in der Diktatur.

Vernunft, Leidenschaft, Verantwortung: das ist Hartmut Soell. Das ist sein Vermächtnis, das gibt er uns weiter. Der groß Gewachsene hat in uns eingeschrieben, was er von uns erwartet: wach zu sein und zu bleiben für das neue Gute, hart zu sein gegen das Unrecht, offen zur europäischen Zivilisation, verbunden mit dem freien Westen, entschlossen gegen Willkür, immer aufgeschlossen für eine Welt des gerechten Friedens. Sie muss geprägt sein von wechselseitiger Anerkennung, von Achtung der den Menschen zugehörenden unveräußerlichen Rechten. Sonst stürzen wir in den Abgrund.

Hartmuts Stimme klingt in uns nach. Erinnern darf ich Worte, die er zurief, wenn er eine romantische Volte hörte oder ein nicht genaues Zitieren. Im politischen Streit konnte er scharf sein, nie verletzend, immer zu weiterem Denken anregend. Unmittelbar nachdem Putin die Ukraine fürchterlich und das Völkerrecht brechend überfiel, gab er mir für eine Rede auf dem Bismarckplatz das entscheidende Stichwort. Mit Putins Krieg ist ein weiteres Tabu gebrochen: weil die Ukraine auf Atomwaffen verzichtet hatte, kehrt die atomare Aufrüstung zurück - die Welt wird eine andere.

Hartmut war mir der ältere Bruder. Der früher gesehen hat, der tiefer geblickt hat, der weiter geschaut hat. Gefunden haben wir uns, weil wir erkannten, was der Aufbruch im europäischen Osten bedeuten würde: Vaclav Havel, Solidarnosc und das Wiederentstehen der Sozialdemokratie in der DDR, gegründet von Markus Meckel und Martin Gutzeit. Gemeinsam mit ihnen würde eine neue Epoche beginnen: die Vereinigung Europas mit sich selbst – ein neues Europa wäre möglich, ein Europa, das sich für immer bindet an seine ethischen Ansprüche. Hier, die Akteure der demokratischen Revolution beratend, konnte er geltend machen: die Summe seines wissenschaftlichen und politischen Könnens: Vernunft, Leidenschaft, Verantwortung. Darauf dürfen wir bauen. Wird dieses Fundament fest, können wir mit Zuversicht vorwärts gehen.

Hartmut Soell: ein Großer ist gegangen. In uns bleibt, was er uns gezeigt hat: aufrecht gehen und aufrichtig sein, die Gefahren der Gegenwart erkennen, dem Künftigen eine humane Gestalt geben.

Ernst Bloch hat in Heidelberg sich für die Philosophie entschieden. Nicht weit von hier hat er sein „Prinzip Hoffnung“ begonnen. Es schließt mit den Worten: „Die wirkliche Genesis ist nicht am Anfang, sondern am Ende, und sie beginnt erst anzufangen, wenn Gesellschaft und Dasein radikal werden, das heißt sich an der Wurzel fassen. Die Wurzel der Geschichte aber ist der arbeitende, schaffende, die Gegebenheiten umbildende und überholende Mensch. Hat er sich erfaßt und das Seine ohne Entäußerung und Entfremdung in realer Demokratie begründet, so entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat.“

 
PD Dr. Hans Günter Brauch,
Buchreihenherausgeber, Springer Nature, Heidelberg aus Mosbach
 

Prof. Dr. Hartmut Soell war ein deutscher Historiker für Neuere Geschichte an der Universität Heidelberg (geboren am 11. März 1939 in Kehl), der am 6. April 2023 im Alter von 84 Jahren starb. Er vertrat den Wahlkreis Heidelberg als Abgeordneter (1980-1994) für die Sozialde-mokratische Partei Deutschlands (SPD) im Bundestag. Er studierte Geschichte, Politikwis-senschaft und Völkerrecht in Göttingen und Heidelberg und wurde 1963 an der Universität Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. Von 1965 bis 1968 war Hartmut Soell Assistent der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag. Anschließend war er wissenschaftlicher Assistent am Historischen Seminar der Universität Heidelberg, wo er sich 1974 habilitierte. Seit 1977 ist er Professor für Neuere Geschichte an der Universität Heidelberg. Als Bundestagsabgeordneter war er von 1987 bis 1991 Vizepräsident und von 1992 bis 1993 Präsident der Parlamentari-schen Versammlung der Westeuropäischen Union (WEU), wo er von 1991 bis 1994 die deutsche Delegation leitete.

Zu den wichtigsten historischen Publikationen von Prof. Dr. Soell gehören: Fritz Erler. Eine politische Biographie (1976) und Der junge Wehner. Zwischen revolutionärem Mythos und praktischer Vernunft (1991). Im Jahr 2003 erschien der erste Band seiner Biographie über Helmut Schmidt unter dem Titel Vernunft und Leidenschaft, 2008 folgte ein zweiter Band mit dem Titel Macht und Verantwortung.

An einem seiner ersten Kolloquien im Wintersemester 1967/68 über die Weltordnungs-perspektiven des US-Präsidenten Woodrow Wilson und des russischen Revolutionärs W. I. Lenin im Jahre 1917 nahm ich mit Christine (verheiratete) Landfried teil, was er in seinen Reden zu meinem 60. und 70. Geburtstag erwähnte, den wir in Mosbach in der Alten Mälzerei feierten,.

Prof. Dr. Hartmut Soell war Zweitgutachter meiner Dissertation zum Thema Struktureller Wandel und Rüstungspolitik der USA (1940-1950) - Zur Weltführungsrolle und ihren innenpolitischen Bedingungen. (Universität Heidelberg, 30. Juni 1976).

Im Jahr 2013 hatte ich die Ehre, Prof. Dr. Soells Sammlung der politischen Reden und Ansprachen von Altbundeskanzler Helmut Schmidt zur internationalen Wirtschafts- und Finanzkooperation als Band 20 in meiner Buchreihe der Springer Briefs on Pioneers in Science and Practice über Politiker zu veröffentlichen.

Ich war dankbar für seinen Rat als Historiker und seine moralische Unterstützung während des Prozesses zur Erlangung meiner Promotion im Jahr 1976, zu der er das Zweitgutachten schrieb. Hartmut wurde später ein Autor und Freund, der meine runden Geburtstage besuchte und mein Ehrengast bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande und bei der ersten Verleihung des Schülerpreises meiner Stiftung zu meinem 75. Geburtstag, am 1. Juni 2022, als wir uns das letzte Mal in Mosbach sahen.

Ich erinnere mich gut an mehrere lange Gespräche, als ich ihn 1975 und 1976 häufig in seinem privaten Büro besuchte. Er war ein sehr guter Mensch, akademischer Mentor und politischer Freund seit der Zeit, als wir beide politisch aktiv waren. Ich habe seinen 80. Geburtstag am 11. März 2019 mit seiner Frau Ursula und ihren Kindern und Enkelkindern sehr genossen, mit Erinnerungen an das Familienleben durch Sohn Lucas. Ich werde seine Anrufe vermissen, mit denen er mir während und nach mehreren Krankenhausaufenthalten im Zusammenhang mit einer Operation Mut machte, und später, als wir unsere Forschungs- und Schreibtätigkeiten nach unserem Ausscheiden aus der Universität besprachen.

Meine Gedanken sind in der schweren Zeit der Trauer bei seiner Frau Ursula Soell und ihren Kindern und Enkelkindern. Unsere berufliche Beziehung war geprägt von hoher gegenseitiger Wertschätzung seit meiner Zeit als einer seiner ersten Studenten in seinem Kolloquium, als Doktorand und als Bürger, die die gleiche politische Heimat hatten. Ich werde Hartmut als einen herzlichen persönlichen Freund in Erinnerung behalten, dessen Stimme, Ermutigung und Unterstützung ich in Zukunft vermissen werde.

Die beiden Betreuer meiner Dissertation, Prof. Dr. Klaus von Beyme und Prof. Dr. Hartmut Soell beim Abendessen nach der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande am 12. Juli 2020 an Ihren gemeinsamen Schüler. © Hans Günter Brauch, AFES-PRESS, Mosbach.